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Fahrphysik und Fahrstabilität mit/ohne Gepäck

Alles zum Thema Faltrad/Rad.
Motte
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Re: Fahrphysik und Fahrstabilität mit/ohne Gepäck

Beitrag von Motte »

Das war gar nicht an Dich persönlich gerichtet. Eher zur allgemeinen Besinnung, was das Wesen so eines Forums ausmacht.
Es funktioniert nicht, wenn jemand nur gibt oder nur nimmt. (Dass löst eine Hotline besser - und wenn sie kostenpflichtig und teuer ist, glaubt das Volk auch noch viel eher an seine Kompetenz.)
derMac
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Re: Fahrphysik und Fahrstabilität mit/ohne Gepäck

Beitrag von derMac »

Motte hat geschrieben:Das war gar nicht an Dich persönlich gerichtet. Eher zur allgemeinen Besinnung, was das Wesen so eines Forums ausmacht.
Es funktioniert nicht, wenn jemand nur gibt oder nur nimmt. (Dass löst eine Hotline besser - und wenn sie kostenpflichtig und teuer ist, glaubt das Volk auch noch viel eher an seine Kompetenz.)
Soll das jetzt so verstanden werden, dass, wenn jemand Lücken sieht, nicht er allein diese aufarbeiten muss sondern das ganze Forum dies tun sollte? Dafür wäre es aber sinnvoll zu wissen, wo die Lücken sind. ;)

Mac
EmilEmil
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Re: Fahrphysik und Fahrstabilität mit/ohne Gepäck

Beitrag von EmilEmil »

Lieber @Mac, es ehrt Dich ja, daß Du an dem Thema interessiert bist, aber.....
Das bisher Vorgetragene ist ein große Fülle an zusammengetragenem Material (Teils eigene Erfahrungen der Forenmitglieder, teils Zitate aus dem allgemeinem Wissens-Fundus), das sinnvollerweise strukturiert werden muß, damit aus diesem Flickenteppich und den vorhandenen Erkenntnis-Lücken (der Teppich hat einige Löcher !) konkrete Folgerungen abgeleitet werden können.
Eine Strukturierung und Ergänzung kann nur mit Sorgfalt und Akribie erfolgen, so daß alle Schritte so wasserdicht begründet werden, damit sie für ein verständiges Individuum nachvollziebar sind.
Nach meiner Einschätzung ist dann 90% der Arbeit schon erledigt, so daß man die verbleibenden 10% auch noch liefern kann, um als Ergebnis evtl eine Gleichung oder Grafik zu präsentieren, die den Einfluß der geometrischen Gepäckanordnung auf die Fahrstabilität sichtbar macht.
Vorher muß man eine (physikalische) Vorstellung von Fahrstabilität haben. Stichwort (Rudi Zeller > 8 Wochen Studium)
Mit einer einfachen Physik ( etwa Abitur-Level) ist es nicht getan. Als Beispiel will ich nur mal die Zahl der Freiheitsgrade der Bewegung eines Rades aufzählen:
Es gibt 4 Massen: 1) Gabel-Lenker-Zusammenbau; 2) Rahmen; 3) Vorderrad 4) Hinterrad
Jede Masse hat 6 Freiheitsgrade der Bewegung: 3-fach Translation; 3-fach Rotation
Die Brutto-Summe ergibt 4 x 3 + 4 x 3 = 24. Von diesem 24 Freiheitsgraden werden durch Kopplung und Lagerung 21 Freiheitsgrade eliminiert.
Im Einzelnen sind das 3 Achsen (lassen nur je eine Drehbewegung zu): Lenkachse, Vorderachse, Hinterachse (Sie sperren 3 x 5 = 15 Freiheitsgrade) sowie die Radaufstandspunkte: Diese sperren nochmal 2 x 3 = 6 translatorische Freiheitsgrade, wenn ein Längsschlupf und Seitenschlupf der Reifen vernachlässigt werden kann. Bei Berücksichtigung des "Schlupfes" sind es nur 2 Freiheitsgrade.
Das Fahrrad hat also 24 - 21 = 3 Netto-Freiheitsgrade (Ohne Schlupf)
Das Fahrrad hat also 24 - 17 = 7 Netto-Freiheitsgrade (Mit Schlupf)
Die rotierenden Massen des Kurbeltriebs sind dabei vernachlässigt. Da Fahrradfahren immer eine Interaktion des Radlers erfordert, ergibt sich daraus eine notwendige Modellierung des Radlers. Da weiß ich aus dem Handgelenk nicht, wie das zweckmäßigerweise geschieht. Generell würde man die (alle ?) Masse(n) des Radlers dem Rahmen fest zuordnen.
Eine Gewichtsverlagerung (Oberkörper + Arme ?) gegenüber der Hüfte muß sicher berücksichtigt werden. Ebenso das Aufbringen eines Drehmomentes auf die Lenkstange und das periodisch auftretende Störmoment aus der Tretbewegung. Das sind Interaktion und Störeinflüsse, aber eigentlich keine neuen Freiheitsgrade.
Zusammenfassend: Es bleiben im einfachtsten Fall 3 Freiheitsgrade übrig:
1) Die Vorwärtsbewegung (Fahrtbewegung), die mit der Rotation des Antriebsrades (das Vorderrad wäre gleichfalls gekoppelt !) als gekoppelt gesehen werden kann; 2) Die Rollbewegung (Kippen zur Seite) 3) Die Lenkbewegung (Eingriffs des Radlers, aber auch durch die Schwerkraft infolge der Lenkgeometrie)
Bei konstanter (stationärer) Fahrt bleiben nur Nr 2) und 3) als relevant für eine Stabilitätsbetrachtung übrig.
Schon beim Abzählen der Freiheitsgrade sieht man, daß es ohne (einfache) Mathematik nicht geht. Aber es wird noch schwieriger (Stichwort Lenkbewegung).
Das war jetzt ein Schnellschuß; ehe es in Arbeit ausartet, verkrümel ich mich lieber.

*Edit: Schreibfehler in Gleichung beseitigt.

Mfg EmilEmil
Zuletzt geändert von EmilEmil am Sa Mär 29, 2014 9:59 am, insgesamt 1-mal geändert.
derMac
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Re: Fahrphysik und Fahrstabilität mit/ohne Gepäck

Beitrag von derMac »

EmilEmil hat geschrieben:Lieber @Mac, es ehrt Dich ja, daß Du an dem Thema interessiert bist, aber.....
Lieber EmilEmil, ich rechne dir wirklich hoch an, dass du hier versuchst verschiedene Sachen zu erklären. Aber niemand erwartet von dir, dass du jetzt das alles, was in den zu diesem Thema verlinkten Texten erklärt wird, noch einmal aufbereitest. Mir ist auch völlig klar, dass das Thema für eine detaillierte Betrachtung in einem Internetforum "zu groß" ist und dass das Verständnis eigentlich ein passendes Studium voraussetzt. Was mich gestört hat und immer noch stört ist, dass du pauschal allen Diskutanten "Lücken" vorgeworfen hast ohne zu erklären, was denn die Lücken deiner Meinung nach sind.

Mac
EmilEmil
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Re: Fahrphysik und Fahrstabilität mit/ohne Gepäck

Beitrag von EmilEmil »

Wenn man etwas vergleicht, "ohne/mit Gepäck" oder "vorher/nachher" dann ist es unumgänglich notwendig, eine Größe anzugeben, die sich bei dem betrachteten Prozeß ändert. Ein Versuch dieser Art wurde in den bisherigen Beiträgen nicht gemacht. Das ist schon mal eine Lücke.
Größen, die sich ändern, könnten zB die Rotationsmassen (Massenträgheitsmomente) sein.
Theta = Integral (r² x dm); mit r = Abstand der Elementarmasse dm von der Bezugsachse.
Im Ergebnis kommt dann eine Größe der Form Masse mal Abstandsquadrat (= "gemittelter" Abstand) heraus. Man tut so, wie wenn ein "Massenpunkt" mit der Masse m an einem Ort mit dem Abstand i konzentriert wäre.
Es sei m die (Gesamt-) Masse und i der °gemittelte° Radius (Trägheitsradius), dann ist
Theta = m x i²
Wenn zB der Gabel/Lenker-Zus. eine Masse von 4 [kg] hat, dann werden bei einem Zusatzgewicht von 10-15 [kg] mit Sicherheit an der Rotationsmasse erhebliche Änderungen eintreten, wenn ich den Bezug auf die Lenkachse betrachte. Für die Rollbewegung (seitliche Rotation um die Achse durch die Aufstandspunkte) sind die Änderungen weniger problematisch. Normalerweise verkraftet ein Fahrrad Radler von 40 [kg] bis 140 [kg] fahrdynamisch ohne Schwierigkeiten (Wenn es nicht unter dem Schwergewicht zusammenkracht :lol: ).
Deshalb, eine Zusatz-Masse am Vorderrad wirkt sich mehrfach aus:
1) Weniger stark für die Rotationsmasse um die Rollachse (auch kleine ruckartige Lenkerdrehungen ändern da praktisch kaum etwas).
2) Erheblich für die Rotationsmasse um die Lenkachse.
3) Schwerpunkt-Änderung (Geringer für den Gesamtschwerpunkt; Starker Einfluß für den Gabel/Lenker Zus.)
Bei Punkt 2) muß bedacht werden, daß diese für die "Pseudo-Geradeausfahrt" nötigen, kleinen, ruckartigen Lenkerbewegungen* als Dremoment von den Radlerarmen aufgebracht werden müssen.
Die Größenordnung der Kräfte wird zB bei 6 x 1,5 [l] Wasserflaschen ( = 9,0 [kg]) im Front-Einkaufskorb (Abstand zur Lenkachse 27 [cm]) schon grenzwertig (Eigene Erfahrung). Man muß die Rotationsmassen ja nicht nur Winkel-beschleunigen, sondern man muß diese auch wieder Winkel-verzögern. Nach meiner Erinnerung schien mir besonders das letztere bei der Einkaufs-Beladung grenzwertig zu sein.
Beim Tiefhängen von Gepäck an der Gabel/Lenker Zus. (Fokus auf dem Schwerpunkt) steht nach meiner Ansicht nicht so sehr die Höhe, sondern mehr der (kürzeste) Abstand von der Lenkachse im Fokus. Welches da der optimale Abstand ( Ob Abstand Null oder evtl ein, zwei Zentimeter frontwärts) ist, läßt sich nicht ohne größeren Aufwand herleiten.
Wenn die Zusatz-Masse auf der Lenkachse plaziert wird, hat man die gerinste Änderung der Rotationsmasse , da könnte ich mir vorstellen, daß eine leichte Verschiebung frontwärts sich günstig auswirkt. Normal (Ohne Zusatz-Masse) liegt der Schwerpunkt auch vor der Lenkachse. Ohne diese Lage könnte man nicht Freihand-Fahren. Die Freihand-Fahren ermöglichende Geometrie ist auch dann vorhanden, wenn die Hände am Lenker sind.
Ich meine, daß alle Fahrräder, die Freihand-fahrbahr sind, insgesamt ein besseres Fahrverhalten haben, auch wenn die Radler , die niemals Freihand-fahren, diesen Bonus nicht einschätzen können. Aber sie profitieren davon !
Da ich bei bei Erfahrungswerten angelangt bin:
Könnte aus dem Forum nicht mal jemand Verdienste erwerben, indem er die Schwerpunktlage der Zusatzmasse mit Plazierung
1) auf der Lenkachse,
2) 3 [cm] frontwärts
3) 6 [cm] frontwärts
testet und seine Erfahrung berichtet.
Ich selber besitze weder einen Lowrider, noch Fronttaschen und stehe für einen solchen Test nicht zur Verfügung.

* "Angewandter Impulssatz" von Rudi Zeller mißverständlich unter "Knickkraft" eingeordnet ( "Knickkraft" ist ein Begriff der Elastizitätslehre, der plötzliche Instabilitäten zum Gegenstand hat).

MfG EmilEmil
Pibach
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Re: Fahrphysik und Fahrstabilität mit/ohne Gepäck

Beitrag von Pibach »

Was in dem Modell fehlt: Gepäck ist nicht fix. Z.B. Lenkertaschen folgen der Lenkbewegung etwas verzögert.
derMac
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Re: Fahrphysik und Fahrstabilität mit/ohne Gepäck

Beitrag von derMac »

EmilEmil hat geschrieben:Wenn man etwas vergleicht, "ohne/mit Gepäck" oder "vorher/nachher" dann ist es unumgänglich notwendig, eine Größe anzugeben, die sich bei dem betrachteten Prozeß ändert. Ein Versuch dieser Art wurde in den bisherigen Beiträgen nicht gemacht. Das ist schon mal eine Lücke.
Um mit oder ohne Gepäck ging es hier ja gar nicht sondern um hoch oder niedrig aufgehängtes Gepäck. Die Größe, die sich bei hoch aufgehängtem Gepäck direkt ändert ist die Höhe des Schwerpunktes bzw. der Abstand des Schwerpunktes zur Rotationsachse (der Rollbewegung). Das steht aber alles durchaus schon hier. Das sich dadurch das Trägheitsmoment der Rollbewegung ändert ist klar, erklärt aber leider für sich betrachtet noch nicht den Einfluss auf das Fahrverhalten.
Für die Rollbewegung (seitliche Rotation um die Achse durch die Aufstandspunkte) sind die Änderungen weniger problematisch. Normalerweise verkraftet ein Fahrrad Radler von 40 [kg] bis 140 [kg] fahrdynamisch ohne Schwierigkeiten
Nur, dass beim Fahrrad der Fahrer nicht steif auf der Rad sitzt. Man kann also durchaus das Rad in geringen Winkeln um die Rotationsachse drehen ohne dass sich der Masseschwerpunkt das Fahrers um den gleichen Winkel mitdreht. Und ich behaupte mal, dass genau das beim Radfahren permanent passiert.

Mac
EmilEmil
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Re: Fahrphysik und Fahrstabilität mit/ohne Gepäck

Beitrag von EmilEmil »

Die Überschrift lautet "Fahrphysik und Fahrstabilität mit/ohne Gepäck"
Lies bitte meine Beiträge genau durch (nochmal oder überhaupt erst ?), dann kannst Du Dir selber die Antwort über den Einfluß verschiedener Anordnungen auf das Fahrverhalten und die Fahrstabilität geben. Hoch oder Niedrig ist für das Front-Gepäck weniger wichtig. Jeden Tag fahren Tausende von Radlern mit einem Rucksack (auf dem Buckel) durch die Gegend (10-12 [kg] Last ?) ohne ihre Lastverteilung zu hinterfragen. Wichtig ist der Einfluß auf das Lenkverhalten. Warum gäbe es sonst einen "luggage truss" (Mit dem Rahmen verbundene Frontgepäckhalterung), der fast immer mit der Aussage "Kein Einfluß des Front-Gepäcks auf das Lenkverhalten" beworben wird.
Zum falschen Verständnis könnte C. Smolik's unpräzise Aussage zum Lowrider beigetragen haben:
Lowrider Sonderform eines Gepäckträgers zur (optimalen) tiefen Befestigung von Gepäcktaschen am Vorderrad. Durch diese Befestigungsart wird der Schwerpunkt der Packtaschen tiefer (als bei "umgedrehtem" Hinterradgepäckträger) und in die Ebene der Lenkachse gelegt.
Vorteile: Günstige Schwerpunktlage des Gepäcks, Massen dicht an der Lenkachse des Vorderrades liegend, daher geringere Lenkkräfte nötig, weil weniger Masse geschwenkt werden muß.

"Günstige Schwerpunktlage" ist ja richtig, aber nicht entscheidend wichtig. Die Aussage "Ebene der Lenkachse" ist falsch, da eine Achse nun mal keine Ebene ist (Es fehlt ein weiterer Bezugspunkt oder eine zweite Achse ! :lol: ). Was er meint, steht in "Massen dicht an der Lenkachse des Vorderrades liegend". Es geht weiter mit "weil weniger Masse geschwenkt werden muß" ist wieder falsch :lol: Die betrachtete Masse bleibt gleich, es ändert sich aber wegen Theta = Integral (r² x dm); mit r = Abstand der Elementarmasse dm von der Bezugsachse; die Rotationsmasse (Massenträgheitsmoment).
Da es üblich zu sein scheint, daß zusammengegoogeltes Zeug Kritik-los übernommen wird, kann man natürlich auf der Basis von Lieschen-Müller-Physik endlos weitermachen, verwertbare Ergebnisse sollte man aber nicht erwarten. Und @PeterPibach möchte unbedingt flexibles Gepäck untersucht wissen: Ich sage nur, die Untersuchung von Rodeo-Effekten verkompliziert die Physik unnötig und führt zu zweifelhaften, weil nicht reproduzierbaren Ergebnissen. Aber ich willl seinem Forscherdrang keine Hindernisse in den Weg legen.
Ich hatte ja einen Vorschlag gemacht, daß man mal praktisch die Frontgepäck-Position übeprüfen sollte....

MfG EmilEmil
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Re: Fahrphysik und Fahrstabilität mit/ohne Gepäck

Beitrag von derMac »

EmilEmil hat geschrieben:Lies bitte meine Beiträge genau durch (nochmal oder überhaupt erst ?), dann kannst Du Dir selber die Antwort über den Einfluß verschiedener Anordnungen auf das Fahrverhalten und die Fahrstabilität geben.
Trotz extrem genauen Lesens kann ich nicht erkennen, dass du irgendwas über Fahrstabilität geschrieben hättest. Du hast ein paar statische Gleichungen aufgeschrieben, Aussagen über die Fahrstabilität sich aber IMO ohne dynamische Betrachtungen (also zeitabhängige Differentialgleichungen) nicht möglich. Steht aber in den von Pibach verlinkten Artikeln bzw. der darin verlinkten Literatur alles schon drin.

Zu dem von dir gewünschten Versuch: Geringe Abweichungen (unter 10 cm) der Entfernung des Masseschwerpunktes zur Lenkachse haben auf die Fahrstabilität keinen für den Fahrer nennenswerten Einfluss (Erfahrungswerte, ohne den Versuch exakt gemacht zu haben), schon allein weil durch vorbeischieben des Gepäcks um 1 cm der Abstand zur Achse ja nicht um 1 cm wächst, es hatte ja vorher schon seitlichen Abstand. Aber nur weil das Lenken schwerer ist, bedeutet das ja nicht, dass sich das Fahrrad beim Fahren instabiler anfühlt. Allerdings muss man sich an geänderte Lenkkräfte erst gewöhnen, am Anfang ist das etwas schwierig.

Mac
EmilEmil
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Re: Fahrphysik und Fahrstabilität mit/ohne Gepäck

Beitrag von EmilEmil »

derMac hat geschrieben:
----------- Du hast ein paar statische Gleichungen aufgeschrieben, Aussagen über die Fahrstabilität sich aber IMO ohne dynamische Betrachtungen (also zeitabhängige Differentialgleichungen) nicht möglich. Steht aber in den von Pibach verlinkten Artikeln bzw. der darin verlinkten Literatur alles schon drin.
......................
Mac
Nein keine statischen Gleichungen (das wäre zB Summe aller Kräfte = Null; Summe aller Momente = Null), sondern Gleichungen über Rotationsmassen (Massenträgheitsmomente). Rotationsmassen machen nur Sinn für dynamische Gleichungen (Letzlich Differential-Gleichungen, falls verschiedene Ableitungen vorkommen).
Zb die Pendelschwingung (Sie hat schon eine gewisse Ähnlichkeit mit der Rollbewegung eines Rades).
Benutzt man den Drallsatz, so gilt (M = äußeres Moment; Theta = Massenträgheitsmoment; Phi = Auslenkung von der tiefsten (stabilen) Lage entgegen dem Uhrzeiger : Phi°° = zweite Ableitung nach der Zeit (t); m = Masse des Pendels [kg] ; g = Erdbeschleunigung [m/sec²]; rs = Schwerpunktkoordinate (von der Rollachse gerechnet):
M = Theta x Phi°°
M = - m x g x rs x sin(Phi)
Nach Einsetzen folgt:
Phi°° + (m x g x rs/Theta) x sin(Phi) = 0
Werden die Ausschläge auf Phi0 = 22,5 [Grd] = 0,3927 [Rad] beschränkt, kann bei einem Fehler von max. 2,6 % der Sinus des Winkels durch den Winkel ersetzt werden. Die Diff-Gl hat dann die Form (Kleinwinkel-Näherung):
Phi°° + (m x g x rs/Theta) x (Phi) = 0
Die Lösung ist eine harmonische Schwingung : Mit Omega² = g x m x rs/Theta
Phi(t) = Phi0 x cos(Omega t)
Hier ist Phi0 = Auslenkung zur Zeit t = 0 bei einer Winkel-Geschwindigkeit Phi°(t = 0) = 0
Schreibt man den Drallsatz für die höchste Lage auf (um die Kleinwinkel-Näherung zu benutzen), ergibt sich:
Phi°° - (m x g x rs/Theta) x (Phi) = 0
Durch das Minuszeichen ergeben sich bei der Auflösung der charakteristischen Gleichung imaginäre Werte. Da ich die Mathematik dafür nicht im Kopf habe, muß ich mich sachkundig machen, ob es mit diesen Werten zu einer brauchbaren Lösung kommt. Ich vermute JA. Ohne eine Kleinwinkel-Näherung für den Hochpunkt müssen elliptische Integrale gelöst werden. Da geht dann die Anschaulichkeit über Parameterwerte total verloren. Für die Anschaulichkeit müssen selbstverständlich einige Skizzen gemacht werden.
Wann ich dazu komme ? Fragt mich was Leichteres.
Bis dahin können sich die interessierten Forums-Mitglieder davon überzeugen, daß eine "Geradeausfahrt" beim Radeln aus Rechts-Links-Kombinationen von kleinen Kurven besteht, die der Radler über kleine Ruck-artige Lenkerdrehungen steuert. Das kann bei jeder Radsport-TV-Übertragung beobachtet werden (Beim Zielsprint, beim Zeitfahren und auch Bergauf). Im Selbstversuch sehr schön bei Dunkelheit mit einer ordentlichen Beleuchtung (Wandern des Leuchtflecks auf der Fahrbahn).
Dabei geht es primär nicht um "Kurven" , sondern um Kraftstöße, die durch die Änderung der Bewegungsgröße aus dem Impulserhaltungssatz folgen. Diese Kraftstöße stoppen die Rollbewegung zur Seite, sorgen aber nach Überschreiten der Hochlage zum Rollen nach der entgegengesetzten Seite. Auch hierzu müßte ich der Anschalichkeit halber eine oder mehrere Skizzen machen.
Die einzige Ausnahme von der Impuls-gesteuerten "Geradeausfahrt" macht das Freihandfahren (Lenker-Drehungen sind durch die Arme dann nicht möglich). Das Freihandfahren steuert die Lenkbewegung ausschließlich durch Gewichts-Verlagerung und die Geometrie der Lenkung. Diese Steuerung ist sehr träge und im Normalfall wegen der Langsamkeit (Platzbedarf auf der Fahrbahn !) unbrauchbar. ZB können auch Kurven nur mit einem großen Radius gefahren werden.

MfG EmilEmil
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