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Re: Radfahren in Berlin
Verfasst: Do Dez 15, 2016 5:08 pm
von Pibach
Ahnlicher
Artikel in der Morgenpost:
Hauptursache für die Verbesserung ist wohl die 2-spurige Radlerführung. D.h. der Autofahrer sieht sehr frühzeitig, welche Radfahrer ausfahren oder aber im Kreisverkehr bleiben und ihn kreuzen werden.
37% weniger Fahrradunfälle klingt zunächst auch toll. Aber man muss hier bedenken, dass das von einem katastrophalen Niveau ausgehend bemessen wurde. Die Zahl der Unfälle ist wohl immer noch sehr hoch.
Hier fehlt einfach Bewertungsgrundlage. Was ist da überhaupt das Verkehrsaufkommen, wie viele Radler darunter? Dann interessiert vor allem, ob das seit der Veränderung so geblieben ist. Plausibel wäre ja auch, dass durch die Einspurführung nun die PKW-Verkehrsraten abgenommen haben. Und wie sind die Durchgangszeiten? Wurde die Sicherheit durch Verlangsamung des Verkehrs erkauft? Insgesamt gibt es praktisch keine wirklichen Bewertungsmaßstäbe - da müsste man erstmal ansetzen, um Verkehrsführungskonzepte wirklich vergleichbar zu machen.
Ansonsten ist aus den Niederlanden ja bekannt, dass das Konzept am Moritzplatz besonders schlecht (!) ist. Das wird daher schon seit Jahren nur noch in Ausnahmefällen so gebaut.
Re: Radfahren in Berlin
Verfasst: Do Dez 15, 2016 5:39 pm
von Motte
Klar ist, dass mindestens eine Zeitlang die "Kriegsbemalung" auf der Straße die Autofahrer irritiert. Und sie etwas vorsichtiger durch die ihnen ungewohnt erscheinende Umgebung fahren.
Das dunkle Auto (unten rechts) zeigt aber, dass das Grundprinzip - auch Radfahrer sind Fahrzeugführer und haben Vorfahrt im Kreisel - nicht verstanden wird. Sonst wäre der nicht losgefahren. Dabei hat er die "Sperrfläche" überrollt und erzwingt sich nun die Vorfahrt. (mein alter Fahrlehrer hat immer gesagt "Du musst das einfach als Mauer sehen - da fährst Du auch nicht durch). Die Niederländer setzen nicht auf die Vorstellungskraft ihrer Autofahrer - die haben da richtige Betonkegel (wo hier die Sperrfläche ist). Die Aktion wie hier machst Du dort nur einmal - beim zweiten Auto dann nicht mehr
Der silberne Van oben links hat wohl das gleiche Manöver gerade hinter sich - nur hat er dort keinen Radfahrer genötigt.
Re: Radfahren in Berlin
Verfasst: Do Dez 15, 2016 6:39 pm
von bergauf
Motte hat geschrieben:
Das dunkle Auto (unten rechts) zeigt aber, dass das Grundprinzip - auch Radfahrer sind Fahrzeugführer und haben Vorfahrt im Kreisel - nicht verstanden wird. Sonst wäre der nicht losgefahren. Dabei hat er die "Sperrfläche" überrollt und erzwingt sich nun die Vorfahrt.
Ja, aber er hat es eben eilig und da kommt doch nur ein Radfahrer...!
Das ist ärgerlich, da stimme ich dir zu. Ich hätte aber mehr Bedenken, dass es beim Ausfahren aus dem Kreisel häufiger kracht. Dort hat man die separationsbedingte Schwierigkeit, dass ein Autofahrer, der ausfahren möchte, die Fahrlinie eine Radfahrers, der im Kreisel bleiben will, schneidet. Und dass sich der Radfahrer im toten Winkel des KFZ-Verkehrs befindet. Das ist den "Rechtsabbiegerfallen" an Kreuzungen durchaus ähnlich.
Pibach hat geschrieben:Ahnlicher
Artikel in der Morgenpost:
Hauptursache für die Verbesserung ist wohl die 2-spurige Radlerführung. D.h. der Autofahrer sieht sehr frühzeitig, welche Radfahrer ausfahren oder aber im Kreisverkehr bleiben und ihn kreuzen werden.
Er könnte es sehen, wenn er seine Aufmerksamkeit auf den Radstreifen lenkt.
Pibach hat geschrieben:
37% weniger Fahrradunfälle klingt zunächst auch toll. Aber man muss hier bedenken, dass das von einem katastrophalen Niveau ausgehend bemessen wurde. Die Zahl der Unfälle ist wohl immer noch sehr hoch.
Hier fehlt einfach Bewertungsgrundlage. Was ist da überhaupt das Verkehrsaufkommen, wie viele Radler darunter? Dann interessiert vor allem, ob das seit der Veränderung so geblieben ist. Plausibel wäre ja auch, dass durch die Einspurführung nun die PKW-Verkehrsraten abgenommen haben.
Bewertungsmaßstab wäre ein Kreisverkehr ganz ohne "Radinfrastruktur", und dann zum Vergleich die verschiedenen Varianten mit ebensolcher. Ich sehe wie du die Gefahr, dass man hier etwas ganz Gefährliches mit etwas Gefährlichem vergleicht.
Sehr schön übrigens von der MoPo, hier den Strößenreuther mit seinen Phantasien von "physischer Separation" zu zitieren. Vielleicht merkt im Zusammenhang mit einem Kreisverkehr doch der eine oder andere, wie undurchführbar das ist.
bergauf
Re: Radfahren in Berlin
Verfasst: Do Dez 15, 2016 7:03 pm
von Radla
Unrealistisch vielleicht, aber nicht undurchführbar:
https://hovenring.com
Re: Radfahren in Berlin
Verfasst: Do Dez 15, 2016 7:13 pm
von spargelix
Ich finde die Luftaufnahme sehr interessant.
Meiner Meinung nach sollten die Sperrflächen nicht nur farblich markiert, sondern massiv befestigt werden.
Da gibt es relativ kleine, weiße Betonelemente, die kettenartig verbunden werden können, wodurch v.a. "sportliche" PKW-Lenker wirkungsvoll eingebremst werden können.
Re: Radfahren in Berlin
Verfasst: Do Dez 15, 2016 8:03 pm
von bergauf
Ja, da haben die Niederländer einen Kreisverkehr umgebaut. Wobei man den Radfahrern die zusätzlichen Höhenmeter zugute kommen läßt. der KFZ-Verkehr fährt schon ebenerdig.
Das Ganze dann bitte in ganz Berlin an allen Kreisverkehren, Kreuzungen, Einfahrten so. Ich bleibe erstmal bei "undurchführbar"
Wobei der Strößenreuther solche Bauwerke nicht meint. Der will Streifen pinseln und Betönklötze auf die Markierung stellen. Das läßt sich an den Knotenpunkten aber, nunja. Ein Knotenpunkt, wo Betonklötze auf der Markierung stehen, ist de facto kein Knotenpunkt mehr

Das ist so also nicht machbar, aber das erzählt der Strößenreuther nicht.
bergauf
Re: Radfahren in Berlin
Verfasst: Fr Dez 16, 2016 12:22 am
von berlinonaut
Ich fahre ja häufiger mal über den Moritzplatz. Entgegen Euren Unkenrufen musste ich seit dem Umbau kaum noch kritische Situationen dort erleben. Zuvor bei annähernd jeder Durchfahrt. Ganz eliminiert sind die Probleme nicht, aber um viele Grössenordnungen verringert. Von daher bin ich damit durchaus zufrieden, auch wenn man es natürlich noch deutlich besser machen könnte. Da gibt es aber ganz andere Situationen, einige davon in Spuckweite vom Moritzplatz, wo erheblich dringenderer Handlungsbedarf geboten wäre.
Allerdings wird die prima breite Radspur jetzt gerne von LKW und Lieferwagen als Ladezone genutzt - mitten im Kreisverkehr. Das ist richtig gefährlich, aber derartige Verkehrsvergehen interessieren in Berlin im Allgemeinen und in Kreuzberg im Speziellen ja keinen und schon gar nicht Ordnungsamt oder Polizei. Und da das flächendeckend der Fall ist, Fusswege, Radspuren etc. zugeparkt werden nutzt die dollste Infrastruktur nix. Ist nur willkommener Parkraum.
Re: Radfahren in Berlin
Verfasst: Fr Dez 16, 2016 7:49 am
von Motte
Das ist genau der Punkt - und daher auch der Hinweis auf die beiden falsch fahrenden Autos. So was entdecke ich auf fast jedem Bild, dass neue Radverkehrsanlagen zeigt.
Beispiel:
https://www.derwesten.de/staedte/gelsen ... 34121.html
Seht ihr den falsch parkenden LKW dort in 40 Meter? Und glaubt jemand, dass ohne den Radweg dort zwei Fahrspuren wären? Es geht - wie immer und eben auch in Berlin - darum Schwächeren keinen Raum zu lassen und das Recht streitig zu machen überhaupt unterwegs sein zu dürfen. Das muss man parallel zu Neubaumaßnahmen angehen. Sonst schafft man nur das, was hier etliche Revierstädte in der Vergangenheit ganz bewusst betrieben haben. Halte-, Lade- und Parkzonen mit den Mitteln des Radwegebaus zu finanzieren.
Re: Radfahren in Berlin
Verfasst: Sa Dez 17, 2016 9:51 am
von bergauf
Motte hat geschrieben:Das ist genau der Punkt - und daher auch der Hinweis auf die beiden falsch fahrenden Autos. So was entdecke ich auf fast jedem Bild, dass neue Radverkehrsanlagen zeigt.
Beispiel:
https://www.derwesten.de/staedte/gelsen ... 34121.html
Seht ihr den falsch parkenden LKW dort in 40 Meter?
Ich sehe vorher noch nasses modriges Laub auf dem Streifen liegen, wenn ich die graubraunen Flecken im Bild richtig deute. Das ist ziemlich rutschiges Zeug...
Die Fahrbahn ist durch den "bösen" Autoverkehr offenbar freigefahren.
Motte hat geschrieben:
Sonst schafft man nur das, was hier etliche Revierstädte in der Vergangenheit ganz bewusst betrieben haben. Halte-, Lade- und Parkzonen mit den Mitteln des Radwegebaus zu finanzieren.
Aber Motte...! Das sind ja böse Unterstellungen. Da spart sich eine Stadt einen Eimer Farbe vom Munde ab, um für die Radfahrer ein Streifchen pinseln zu können, und dann sowas. Das würde doch eine Behörde nie tun, diese Maßnahmen sind ganz ehrlich und aufrichtig immer nur für den Radverkehr gedacht.
bergauf,

Re: Radfahren in Berlin
Verfasst: Sa Dez 17, 2016 11:28 am
von Motte
Es passt zwar nicht direkt in den Thread - aber wenn man über Lösungen nachdenkt, dann ist diese Seite hier eine wahre Fundgrube.
https://hannovercyclechic.wordpress.com ... isverkehr/
Ich wohne ja nicht so weit weg von den Niederlanden und kenne beide Seiten. wäre ich Niederländer, würde ich über deutsche kommunale Verkehrsplaner in Richtung Radverkehr nur müde lächeln - Motto "bemüht, aber unfähig".
(wobei sie für den Autoverkehr ja auch keine zukunftsfähige Lösung hinbekommen, so lange sie sich weigern über Grundsätzliches nachzudenken)