Seite 22 von 24
Re: Promillegrenze für Radfahrer
Verfasst: Mo Sep 15, 2014 10:57 am
von Pibach
Hier noch
ein recht treffendes Plädoyer für Fahrrad-Rotfreigabe “Ihr Kampfradler haltet nie bei Rot! Die Polizei sollte euch strenger kontrollieren!”
Die Seite hat einige interessante Artikel. U.a fand ich
diese Monetarisierung der Verkehrsteilnehmer nachdenkenswert. Zitat:
"dass dort je 20-minütiger Radfahrt ein volkswirtschaftlicher Nutzen von umgerechnet 14,50€ entsteht."
Re: Promillegrenze für Radfahrer
Verfasst: Mo Sep 15, 2014 11:29 am
von Motte
Schon auffällig, dass man sich die Beispiele dort holen muss, wo Radverkehr so gut wie keine Rolle im Alltag spielt.
Ampeln sind also der traurige Versuch, die eingebaute Vorfahrt von Autos gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern, welche auch andere Autos sein können, wenigstens für kurze Zeit außer Kraft zu setzen.
Nach so einem Statement lohnt das Weiterlesen im Regelfall nicht mehr. Hab es dennoch getan und finde deine Argument 1:1 noch mal niedergeschrieben. Einen Erkenntnisgewinn bringt das nicht. Fahr doch mal in Münster oder Erlangen oder den NL Rad. (die Niederländer haben ebenfalls Ampeln - sogar welche nur für Räder und mit Vorrangschaltungen. Dort werden auch aufwändige Brückenkreuzungen für Radwege gebaut, damit die sich nicht über mehrspurige schnell befahrene Kreisel quälen müssen.)
Man darf auch nicht die schlechte Integration von Belangen der Radfahrer durch Kreise und Städte in die Verkehrsplanung "dem Recht" als solches ankreiden. Eingemauerte Aufenthaltsräume für Fußgänger, miese Hochbordradwege und elend lange Rotphasen für Radfahrer sind Ergebnis der Politik vor Ort. Es ginge auch anders, wenn man denn wollte (und könnte).
Hinzu kommt die "deutsche Mentalität". Die haben auch Radfahrer verinnerlicht. Wenn Dich in Deutschland auf einer Passstraße jemand anhupt, dann heißt das zu 98% "weg da Du Schleichhase". In Italien entspricht das zu 98% dem nach oben gerichteten Daumen und ist keinesfalls aggressiv gemeint. Der fährt zur Not auch mal ein paar hundert Meter hinter dir her, wenn es sonst nicht vorbei kommt. Das kommt "dem Deutschen" so gut wie nie in den Sinn. Auch dem Radfahrer nicht. Durfte ich gestern auf dem Weinfest in Bochum Wattenscheid mal wieder bewundern. Da waren etliche der Meinung, dass die Fußgänger gefälligst in der Fußgängerzone und auf dem Festplatz zur Seite zu springen haben.
Den Überblick im Geschehen hatten sie aber auch nicht - die Radpolizisten (in Neongelb) hatten daher gut zu tun
Ich glaube nicht an deine bessere Welt der rücksichtsvollen Fahrradfahrer.
Re: Promillegrenze für Radfahrer
Verfasst: Mo Sep 15, 2014 11:55 am
von Pibach
@Udo, an sich bestätigst Du doch die Kernthese des Beitrages, oder?
"Eine besser auf Radfahrer eingerichtete Stadt besteht also nicht nur aus mehr Radstreifen und Radampeln, sondern auch in Gesetzen, die anerkennen, dass unterschiedliche Gefährte in bestimmten Fällen unterschiedlich behandelt werden müssen, unter der Voraussetzung, dass dies niemanden (und wir denken hier explizit an Fußgänger) behindert oder gefährdet. Die Polizei könnte sich dann darauf konzentrieren, die Verrückten unter den Radfahrern zu kontrollieren – davon wird es wie bei jedem Verkehrsmittel auch nach einer solchen Änderung noch eine Menge geben."
Re: Promillegrenze für Radfahrer
Verfasst: Mo Sep 15, 2014 12:33 pm
von Pibach
Hier kann man
das Konzept des "Idaho Stops" nachlesen. Also eine Regelung, die
"Fahrradfahrern erlaubt, ein Stoppschild wie ein Schild "Vorfahrt gewähren!" und eine rote Ampel wie ein Stoppschild zu behandeln" siehe
Kurzzusammenfassung von Wikipedia.
Re: Promillegrenze für Radfahrer
Verfasst: Mo Sep 15, 2014 12:40 pm
von Motte
Zu deinem vorletzten Beitrag:
Sicher - das war ja nie strittig. Ist heute auch nicht viel anders. Die Regelungsmöglichkeiten sind ja überwiegend schon vorhanden.
Ich hab weiter oben ja auch schon mal den grünen Pfeil nur für Radler ins Gespräch gebracht. Aber das sind dann besondere Regeln und keine Befreiung von allgemeinen Regeln aufgrund der Wahl eines Verkehrsmittels.
Vereinfacht gesagt:
Eine Regelung "Rot ist dann nicht rot, wenn man ein Fahrrad fährt und niemand gefährdet wird" , wird es hier wohl aufgrund der Unbestimmtheit nie geben können. (dann könnte man es bei § 1 StVO belassen - alles andere ist eh zwingende Folge, wenn man den beachtet)
Re: Promillegrenze für Radfahrer
Verfasst: Mo Sep 15, 2014 12:44 pm
von derMac
Pibach hat geschrieben:Hier kann man
das Konzept des "Idaho Stops" nachlesen. Also eine Regelung, die
"Fahrradfahrern erlaubt, ein Stoppschild wie ein Schild "Vorfahrt gewähren!" und eine rote Ampel wie ein Stoppschild zu behandeln" siehe
Kurzzusammenfassung von Wikipedia.
Der Vollständigkeit halber muss man aber dazusagen, dass Idaho nicht einmal halb so viele Einwohner wie Berlin hat. Die Effektivität von Verkehrsregeln hat natürlich auch immer was mit der Verkehrsdichte zu tun. Damit will ich jetzt aber nicht sagen, dass ich diese Regelung falsch finde.
Mac
Re: Promillegrenze für Radfahrer
Verfasst: Mo Sep 15, 2014 1:27 pm
von Pibach
Motte hat geschrieben:Aber das sind dann besondere Regeln und keine Befreiung von allgemeinen Regeln aufgrund der Wahl eines Verkehrsmittels.
Es wäre eine "besondere Regel", in Form einer "Befreiung von allgemeinen Regeln ". Siehe Idaho-Stop.
@Mac. Ja. Neben der Größe gibt es noch viele andere Einflussfaktoren. Man weiß nicht sicher, ob das in Berlin funktionieren würde. Aber Idaho gibt schon Hinweise. Die Zahl der Unfälle scheint nicht zuzunehmen, sondern sogar stark abzunehmen.
Eigentlich weiß man nie etwas sicher - bis man es tatsächlich gemacht hat. Jede Schlussfolgerung erfordert ein Modell, dem meistens ungesicherte Annahmen zugrunde liegen. Mir scheint es da plausibel, dass das Idaho-Konzept auch woanders ganz sinnvoll klappen könnte, auch in größeren europäischen Städten.
Wäre jetzt die Frage, wo man das am ehesten mal antesten könnte, also wo das Sinn macht und politisch durchsetzbar wäre. Nach ein paar Test-Städten könnte man dann mehr sagen zu der Übertragbarkeit.
Re: Promillegrenze für Radfahrer
Verfasst: Mo Sep 15, 2014 1:43 pm
von Motte
Wenn ich selbst entscheiden müsste, wie ich mehr für Fahrradfahrer erreichen könnte, dann würde ich mich für die mühselige Ochsentour in den Stadtparlamenten entscheiden. Dort werden die Lösungen für den Stadtteil vorgegeben und die Gelder verteilt. Das sind die Keimzellen in denen ein Umdenken erfolgen kann. Und wo der Bürger am ehesten positive wie negative Auswirkungen von Änderungen erfährt.
Da müssen sich die Radfahrer bemerkbar machen und mit der Politik die Verwaltung "zähmen". Die will meist so weiter machen wie bisher und unterliegt auch keinem Bürgerwillen durch Wahlergebnisse. Dazu braucht man leider auch die notwendigen anerkannten Autoritäten - wenn man fest gefügte Vorurteile aufbrechen will. Der Wandel vollzieht sich dann in unendlich kleinen Schritten - aber er vollzieht sich und bleibt nicht in einer Sackgasse stehen, wenn man alles auf einen Schlag fordert und (letztlich) mit dem Argument vom Radfahrer als besseren Menschen kommt.
Der Weg den Pibach (und einige Blogger) da vorgeben führt meiner Meinung nach eher zu sinnlosem gegenseitigen Aufrechnen von "Sünden". Im Gegensatz zum Forum sind da auch die Mehrheiten anders (ungünstiger) verteilt. Da gehen die guten Argumente noch leichter unter.
Wenn ich z.B. sehe, wie lange sich Duisburg gesträubt hat Einbahnstraßen in Gegenrichtung für Radfahrer frei zu geben.
Im Bund würde ich viel lieber die Frage stellen, warum in unserem Land die Sanktion des Blockierens von Geh- oder Radwegen mit 15 - 25 Euro Bußgeld die niedrigste in der ganzen EU ist.
Re: Promillegrenze für Radfahrer
Verfasst: Mo Sep 29, 2014 10:01 am
von Pibach
Spiegel: "Verkehr ohne Regelwut".
Bohmte kennen wir ja bereits.
Auch ein paar andere Beispiele, wo durch
weniger Regeln
mehr Sicherheit erreicht wurde, werden genannt:
"Auf der Kensington High Street in London, einer Einkaufs- und Hauptverkehrsstraße mit vielen Fußgängern, verschwanden 95 Prozent aller Verkehrsschilder. Zwar gibt es noch einige Fußgängerampeln, doch die meisten Passanten laufen einfach irgendwo über die Straße. Auch hier hat sich die Sicherheit verbessert. Die Zahl der getöteten oder schwerverletzten Fußgänger sank um 60 Prozent."
Das müsste man nun noch in Bezug zur "Verkehrseffizienz" setzen.
Diesen Punkt hatten wir auch angesprochen:
"Zum anderen schläfern Schilder die menschlichen Instinkte ein. Allzu häufig kommt es vor, dass sich ein Autofahrer in sklavischer Ergebenheit an alle Verkehrszeichen hält, dabei jedoch den echten Verkehr aus den Augen lässt. So passiert es, dass jedes Jahr Tausende Fußgänger, die bei Grün über die Straße gehen, von einem rechts abbiegenden Autofahrer überfahren werden, dessen Ampel ebenfalls Grün zeigte."
Re: Promillegrenze für Radfahrer
Verfasst: Mo Sep 29, 2014 5:09 pm
von Motte
http://www.autogenau.de/ratgeber/verkeh ... gland.html
Und?
Fällt Dir beim Lesen was auf? Der Unterschied zu Deutschland im ganz normalen Alltag?