Motte hat geschrieben:
Eigentlich ist das (wenn man auf das Verhalten der Autofahrer guckt) ein typisches Beispiel, dass es im Rahmen der Selbstregulierung nicht läuft. Wenn ich fies wäre (was ich ja nicht bin), dann würde ich daraus folgern, dass diese Regel abgeschafft gehört - schließlich hält die Mehrheit sie nicht ein.
Selbstregulierung kann nur funktionieren, wenn der Betreffende auch ein hohes Eigenrisiko einginge. Das ist bei einem Bus aber gering. KFZs haben bei Unfällen mit Radfahrer natürlich erheblich geringeres Risiko als umgekehrt, wie gesagt unterscheidet sich das etwa um Faktor 100 (stark abhängig vom KFZ usw), weshalb man gerade für solche Fälle "externe Anreize" benötigt, andersrum, für die Radfahrer aber eben nicht unbedingt.
Motte hat geschrieben: Wie selten das passiert, kannst Du bei uns am Abrieb der Trennlinie des Radfahrstreifens sehen. Meist ist die Trennlinie im Kreuzungsbereich komplett abradiert.
Ich hab nicht so ganz verstanden, welche Stelle da in Deinem Beispiel abgerieben war. Aber wenn Busse notorisch zu früh in einen Radweg scheren, um zu einer Haltestelle zu gelangen, kann man das prüfen. Dann kann man z.B. einfach einen längeren Bereich vor der Haltestelle als Einbiegezone markieren, also ca 30m vorher bereits Zeichen 299, am besten diagonal, dass man das als Einfahrbereich optisch erkennt. Und dass der Bus dann eben den nutzt und nicht schon vorher einschert wo der Radfahrer noch nicht damit rechnet.
Viel wichtiger finde ich aber, dass der Radweg (oder Schutzweg) vor der Kreuzung wirklich eine "Schutzzone" im Wortsinn ist, wo also Radfahrer auch wirklich geschützt sind vor KFZ. Würdest Du den weglassen, würden z.B. viele Autos in die Radfahrzone einfahren und die Vorfahrt stehlen. Radfahrer könnten auf der Vorfahrtsstraße dann nur noch sehr vorsichtig an der Kreuzung entlang. Das würde aber einen ziemlichen Effizienz- und Komfortverlust für sie bedeuten. Ebenso, wenn sie beim Rechtsabbiegen immer erst anhalten müssten, und Vorfahrt achten - während ein Radfahrstreifen ja sicheres Abbiegen auch zu parallelem Hauptverkehr erlaubt. Wenn die Infrastruktur Radfahren permanent geringe Effizienz und geringen Komfort bietet, wird sich die Zahl der Radfahrer reduzieren, was die Situation weiter verschlechtert - bzw. umgekehrt, wenn die Infrastruktur Radfahrern hohe Qualität bietet. Hier wäre es imho also wichtig, bei der Analyse von Infrastruktur-Maßnahmen nicht nur die Unfallquoten vorher/nachher zu vergleichen, sondern auch andere Maßstäbe, also Effizienz, Komfort und sonstige "Qualität", sowie Veränderungen im Radfarer-Anteil.
Da Radfahrer generell größere Einbußen beim Bremsen/Beschleunigen (begrenzte Leistung), Anhalten (unbequemer Stand auf einem Bein) und Anfahren (wackelig und neben Autoverkehr besonders gefährlich) haben, sollte man solche Qualitäts-Einbußen in der gesamten Planung soweit möglich vermeiden.
Weglassen der Radspur vor Kreuzungen wäre übrigens auch ein typischer Fall, wo es vermutlich nicht zu mehr Unfällen käme, weil Radfahrer quasi automatisch das erhöhte Risiko kompensieren. Das ist auch der Hauptgrund, warum die Verursacherquote bei Autofahrern geringer ist (in Berlin bei tödlichen Unfällen beträgt die ja für PKW nur 60%) als sie wäre, wenn Radfahrer nicht ständig mit deren Fehlern rechnen würden. Die geringe Verursacherquote der PKW belegt also vor allem die Umsichtigkeit der Radfahrer und dass deren Selbstschutz gut funktioniert. Das sieht man auch daran, dass bei Menschen, die nicht so gut mit Fehler rechnen und darauf reagieren können, die Unfallraten stark ansteigen.
All das müsste in einen fairen Vergleich der Unfallstatistiken und Verursacherquoten mit einfließen. Vor allem müsste man auch das eingebrachte Risiko internalisieren, also auf diejenigen übertragen, die es verursachen. Die größte Diskrepanz besteht da bei LKWs, aber wohl auch bei Bussen.
Werden eigentlich Unfälle mit Bussen gesondert von der Polizei erfasst? Diese Konflikte entstehen ja häufig und dürften sich in den Unfallstatistiken summieren. Statistiken, die explizit Radunfallquoten mit Bussen ausweisen hab ich aber nicht finden können.