Motte hat geschrieben:Was hast`n da für Bremsen dran? Sehen aus wie die guten alten Weinmann (oder Altenburger) Synchron.
Das aber ein Einrohr "Damenrad" ohne Tretlagerabstützung ausgesprochen "stabil" sein soll - das hört sich stark nach psychosomatischem Effekt an. Wobei in der Tat Flatterneigung bei hohen Geschwindigkeiten durchaus das Ergebnis eigener Unsicherheit sein kann.
Gruß
Udo
Ja sind Synchronbremsen, aber von Point (offenbar Fernost-Nachbau der Weinmann oder Altenburger), diese wurden 2000 nachgerüstet, als ich begann, das Rad (für lange Zeit mein einziges) für längere Touren (der Fitness halber) zu benutzen.
Tretlagerabstützung gibt es schon : a) durch ein im Durchmesser großes Sitzrohr (Muß an der Hauptrohr-Anschlußstelle Biegemomente aufnehmen!) b) eine mit Hauptrohr und Sitzrohr verschweißte Finne.
Dieses "Einrohr-Design" ,von mir als Tau-Delta-Rahmen bezeichnet, hat zwischen Sitzrohr und Lenkkopfrohr eine große Torsionssteifigkeit (elliptisches Rohr mit 40 x 36 mm² und 2,5 mm Wandstärke). Die Steifigkeit (in technischem Sinne) ist immer ein Produkt aus spezifischem Materialwert (Elastizitätsmodul --> hier der dazu proportionale Schubmodul G, G ~ 1/3 E) und Geometrie-Querschnitts-Wert entsprechend der Belastung (zB Flächenträgheitsmoment bei Biegung, Fläche bei Normalkraft oder Torsionsflächenmoment ) .
Bei der Torsion nutzt dem für die Aufnahme der Belastungen in der Längsebene optimalen Diamand-Rahmen der Abstand zwischen Oberrohr und Unterrohr nichts, da es für die Torsion auf die umschlossene Fläche ankommt. Die Einrohr-Fläche ist ca 3,5 mal größer als die addierte Fläche von Oberrohr und Unterrohr und geht quadratisch in das Torsionsflächenmoment ein. Auch ohne genaue rechnerische Nachprüfung bin ich mir sicher, das der Einrohrrahmen meines Faltrades bezüglich der Torsionssteifigkeit besser ist als jeder Diamand-Rahmen.
Da "Damen-Rahmen" und "Flatterneigung" angeführt wurden, dazu folgendes : Jede Masse (Drehmasse) an einer Feder (Drehfeder) kann zu Schwingungen angeregt werden. Die Modellvorstellung (bezüglich des Flatterns) für einen Fahrradrahmen ist die einer Masse an einem Torsionsstab. Die Masse wäre der Hinterbau nebst Rad an der "Einrohrfeder" (Faltrad,Damenrad mit tiefem Durchstieg) oder auch an der "Oberrohr+Unterrohr-Feder" (Diamandrad). Für die Dreh-Schwingungen ist das Massenträgheitsmoment entscheidend. Das muß im Hinblick auf die Drehachse definert werden.
Für den Einrohrrahmen (Tau-Delta) ist die Drehachse die Schwerachse des Rohrs, für den Diamand-Rahmen ist es eine Linie zwischen Oberrohr und Unterrohr (die Schubmittelpunktslinie des logisch, nicht räumlich zusammenhängenden Gesamt-Querschnitts von Oberrohr und Unterrohr). Wenn die Drehachsen durch den Schwerpunkt der zugeordneten Massen gehen, ist das Massenträgheitsmoment am kleinsten und damit die erste Eigenfrequenz am größten. Alle Eigenfrequenzen berechnen sich als Wurzel aus der Federsteifigkeit ( hier Drehfedersteifigkeit ) geteilt durch die zugeordnete Masse (Rotationsmasse).
Bei exzentrischem Feder-Anschluß vergrößert sich das Massenträgheitsmoment um die "Steiner'schen Anteile" (= Masse (Drehmasse) x Abstand zum Quadrat). Größere Massenträgheit im Nenner heißt dann, daß die erste Eigenfrequenz sinkt. Bei Diamand-Rahmen und Tau-Delta-Rahmen geht die Drehachse nahezu durch den Schwerpunkt des Rad-Hinterteils (Zentrale Lage der Massen zur Dreh-Achse.) Hier gibt es höchstens eine leichte Anregung zur Drehschwingung.
Beim Damen-Einrohrrahmen ("Welle-Rahmen") wie heute vielfach üblich, hat man erhebliche "Steiner'sche " Anteile, die die Eigenfrequenz absenken. Wenn man Pi mal Daumen eine Drehachse zwischen Mitte Lenkkopfrohr und Tretlager annimmt, dann stößt die noch vor dem Hinterreifen in die Fahrbahn. Dazu kommt die "leichtere" Anregung des Systems: Durch die Schaukelbewegung beim Wiegetritt ergeben sich Trägheitskräfte (ca Mitte Hinterradnabe) , die ein großes Drehmoment um die Drehachse bilden. Dazu kommt die niedrige (erste) Eigenfrequenz der Schwingung. Wenn diese Rahmen nicht flattern würden, müßte man an der Physik zweifeln.
Ein einmal zum Flattern angeregter Rahmen kann durch den Einfluß des Fahrers (bewußt oder unbewußt)wieder beruhigt werden. Was Motte als "psychosomatischen Effekt" beschrieb, ist kein Geheimnis und im technischen Sinn ist dies eine Dämpfung, die die Schwingung zum Abklingen bringt. Ähnliches gilt auch für labiles Fahrverhalten, das durch die Dämpfung der den Lenker stützenden Arme korrigiert wird. Vgl Birdy, nicht freihändig fahrbar, aber mit den Händen am Lenker ganz ordentlich.
Ein Faltrad-Einrohr-Rahmen (20" Zoll Räder) hat außerdem noch generell kleinere Massen-Trägheitsmomente als die großen Rahmen. Das gilt auch zB für 26-Zöller im Vergleich zu 28-Zöllern . Wenn man für ein City-Rad unbedingt "Welle"-Rahmen haben möchte, sollte man einen 26-Zöller Rahmen nehmen. (Wird eh meist für die Weiblichkeit gekauft !) . Da sollten dann die von mir analysierten Probleme eine Nummer kleiner sein.
Nachdem ich mein 24" Faltrad gründlich analysiert hatte, ist nun im Lichte meiner oben dargelegten Ausführungen leicht verständlich, daß ich zum Studium eines 20" Faltrad-Prototypen zum Tau-Delta-Rahmen gegriffen habe. Wichtigstes Augenmerk war vor 2 1/2 Jahren die "Freihändigfahrbarkeit" Dazu mußte ich mir selber beibringen, wie man die Vorbiegung (Vorlauf) falsch konstruierter Gabeln korrigiert . Deswegen hat die Buchenholzplatte meines Werktisches nun zwei Löcher.....
Auch dieser Rahmen hat bisher alle meine Erwartungen erfüllt, auch wenn ich diesen bisher "nur" mit 83,7 km/h testen konnte.
PS : Inzwischen sind es 85,8 km/h.
03.12.2018 Edit: Link für Sichtbarmachung korrigiert.
MfG EmilEmil