superfalter hat geschrieben:
Wer schon mal selbständig war/ist sieht das alles etwas anders, denn Kunde=König .....nur wenn der Verkäufer dann der Kaiser ist
Tja - da liegt vielleicht das Problem. Und btw. sieht das mit Sicherheit nicht jeder Selbständige so. Du schreibst:
Wenn ich drüber nachdenke höre ich den Satz "wir denken drüber nach zu 50%" von Kunden
und wenig später
Wenn jedoch gefühlt 60-70% der Kunden nach einer intensiven Beratung sagen "Wir überlegen uns das nochmal", dann ist was falsch.
Wie viele sind es denn nun wirklich? Und wie ist die Ratio in vergleichbaren Rad-Geschäften mit anderen, billigeren Rädern oder mit ähnlich teuren Rädern? Was weisst Du denn über die Interessenten und ihre Bedürfnisse?
Was machen die Leute, die "ich überleg's mir" sagen, anschliessend prozentual?
- kommen wieder und kaufen dann auch.
- lassen sich anderswo beraten und kaufen da Ware, die sie auch bei Dir hätten bekommen können?
- lassen sich anderswo beraten und kaufen da auch nichts?
- kaufen ganz was Anderes?
- kaufen viel später (> 1/2 Jahr)?
- kaufen gar nicht?
- kaufen im Internet? -> Das sind die, die Du gerade als Problem siehst. Wie viele sind das wirklich? -> sind die wirklich das Problem?
Warum machen die das? Wie verhinderst Du aktiv all diese Situationen? Ist die Verkaufssituatiobn vorbei, wenn der Interssent/Kunde wieder zur Ladentür raus ist? Wie kannst Du das verhindern? Waren die Interessenten schon anderswo, bevor sie zu Dir kommen? Warum kommen sie zu Dir - zufällig vorbeigelaufen oder gezielt?
Wollen sie sicher oder wahrscheinlich ein Faltrad oder sind sie einfach neugierig? Wenn sie eins wollen: Warum? Weil ein Problem lösen wollen (und daher wirklich eins brauchen) oder weil es eine mögliche, aber nicht zwingende Lösung ist oder weil sie es lustig finden oder aus modischen Gründen? Oder ganz was Anderes?
Wie viele kommen auf Empfehlung, wie viele aufgrund von Werbung, wie viele auf Grund von Social Media?
Welches Budget haben sie denn eingeplant und welches notfalls zur Verfügung?
Diese Zahlen solltest Du ebenso kennen wie Deine Anworten auf die Fragen oben.
Erfahrungsgemäss heisst "ich überleg's mir" fast immer "Nein", nur höflicher. Warum sagen sie das? Ist es wirklich "nur" der Preis?
Bist Du sicher, dass Deine Beratung, Atmosphäre und sonstigen Leistungen von den potentiellen Kunden, die dann nicht kaufen, so positiv wahrgenommen werden, wie von Dir selbst? Wenn ja, was macht Dich da so sicher? Hast Du das mal neutral überprüfen lassen?
Was ist Dein USP, der dafür sorgt, dass ein Kauf bei Dir alternativlos ist?
Ist Deine Beratung vielleicht zu wenig Verkaufsgespräch oder zu wenig effizient dabei, die eh-nicht-Käufer auszusortieren?
Falträder machen unter 1% des Radmarktes aus, zusammen mit Liegerädern und anderen Sonderbauformen - so richtig riesig ist Deine Nische also nicht. Insgesamt wurden 2015 in .de 4,35 Mio. Fahrräder verkauft, davon 535.000 eBikes (12%). Weniger als 1% wären entsprechend weniger als 43.500 Räder deutschlandweit für Alles aus dem Bereich Falträder, Tandems, Liegeräder, Lastenräder,Trikes, etc., etc. Wie gross ist Dein Anteil an dem Kuchen? Und wie viele Händler versuchen sich ihr Stück zu sichern? Wie viel kriegen wohl Stadler, Aldi und die Baumärkte ab faltradhalber? Wie viel Prozent finden in der "Billigliga" unter 700.-€ statt?
Wenn Kunden schon bei 700 € ein "Uffff" verlauten lassen, dann ??
Ich vermute es hat seinen Grund, dass fast alle Radläden in Berlin eine economy-Linie mit Stadträdern um die 500.- € haben...
Der durchschnittliche Verkaufspreis pro Fahrrad (inkl. E-Bikes) über alle Vertriebswege lag im Jahr 2015 bei 557,- €
(Quelle:
http://www.ziv-zweirad.de/fileadmin/red ... t_2015.pdf)
Laut
http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage ... cationFile bzw.
http://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Anlage ... cationFile
- wollen 23% im nächsten Jahr ein neues Rad kaufen (verdammt viel, finde ich)
- 70% davon ein Neues
- 29% wollen ein eBike
- das Budget liegt im Mittel bei 574.-€ (incl. eBikes!), nur 8% wollen mehr als 1500.- ausgeben, incl. dieser sind 24% bereit mehr als 800.- € auszugeben.
- 40% der Radnutzer nutzen es u.a. auf dem Weg zur Arbeit bzw. Ausbildung
- 27% davon kombinieren das mit dem ÖPNV (Grosstadt: 32%)
- die durchschnittliche Streckenlänge per Rad liegt dabei bei 5,6 km
Potential ist also durchaus da, der Preis ist aber definitiv ein Problem. Um in dem Markt erfolgreich zu sein musst Du Deine Kunden verstehen (siehe oben) und ihre Bedürfnisse respektieren und bestmöglich erfüllen. Wenn Du das zu einem guten Teil bewusst nicht tust ist das Deine Entscheidung und kein Grund, auf die Kunden zu schimpfen...
Wenn Du das zu einem weiteren Teil unbewusst nicht tust ist das ein Problem. Brutal gesagt: Wenn Du einen Interessenten im Laden stehen hast hast Du einen potentiellen Kunden auf dem Silbertablett serviert bekommen. Der sein grundsätzliches Kaufinteresse schon dadurch beweist, dass er den Weg zu Dir "auf sich genommen" hat. Wenn Du dann nichts/zu wenig verkaufst ist das nie der Fehler der Kunden, sondern immer Dein Eigener, so bitter das ist. Dein Job ist es nämlich, zu verkaufen, der Kunde kann kaufen, muss aber nicht.
Unterm Strich heisst das, dass Dein Angebot als Gesamtpaket am Bedarf vorbei geht - und genau deswegen ist der Kunde König und Du nicht der Kaiser, auch wenn Du das gern wärst. Wenn Du darauf bestehst bist Du vielleicht am Ende Kaiser, nur halt einer ohne Untertanen...