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Veer: Riemenantrieb mit teilbarem Riemen!

Alles zum Thema Faltrad/Rad.
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Raffineur
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Veer: Riemenantrieb mit teilbarem Riemen!

Beitrag von Raffineur »

Hallo Faltradler,

meinen „Mercedes“ habe ich ja auf Riemenantrieb umgerüstet. Das war einer der Gründe, warum ich das GoBike als Ausgangsbasis gewählt hatte: Weil die Kettenstrebe über die Kette führt und es kein hinteres Rahmendreieck gab, das ich hätte öffnen und wieder verschließen müssen. Beim Birdy ist der Fall ähnlich. Zahlreichen Faltradlern anderer Modelle dürfte es widerstreben, am Rahmen zu sägen, um den Riemen durchzuführen.

Das brauchen sie bald auch nicht mehr. An der „geheimen“ (zumindest nicht öffentlichen) Eurobike dieses Jahr wurde ein neuer Riemen vorgestellt, der teilbar ist. Nicht quer, sondern V-förmig, und zwar mit einem sehr schlanken „V“, damit nicht alle Zugstränge am gleichen Ort geteilt werden. Zusammengefügt werden die beiden Enden mit Nieten aus Edelstahl, die an den Enden gespreizt werden. Das System hat auch prompt einen Preis gewonnen. Verdient, wie ich denke. Irgendwie erstaunt es mich auch nicht, dass die Idee nicht von den etablierten Riemenanbietern wie Gates, Continental oder Haberstock kam, sondern von einem kleinen kalifornischen Start-up. Die Firma nennt sich Veer Cycles.
Der Dateianhang DSC06567_720x720_crop_top.jpg existiert nicht mehr.
Anders als Gates (11 mm), Continental und Haberstock (beide 14 mm) hat Veer eine Teilung von 8 mm gewählt. Das ist für uns Faltradler günstig, weil der Veer-Riemen engere Biegeradien ermöglicht. Unsere kleinen Laufräder benötigen ja eine größere Primärübersetzung, um pro Pedalumdrehung die gleiche Entfaltung zu erreichen wie große Räder. Dank Veer muss die vordere Riemenscheibe nicht überdimensioniert sein. Wenn ich richtig gezählt habe, hat ein Riemen 28 Nieten, d.h. die Verbindung ist 22,4 cm lang.
BeltSplice_display_splice_1024x1024.jpg
Im Gegensatz zu Gates, die noch immer auf hoher Riemenspannung bestehen, verlangt Veer so gut wie keine, was die Belastung für Rahmen und Lager vermindert. Mehr noch: Der Veer-Riemen ist aufgrund der niedrigen Spannung selbst für gefederte Hinterbauten zugelassen, solange sich das Lasttrum beim Einfedern nicht um mehr als 1,5 cm verlängert. Bei meinem GoBike und beim Bernds ist es ja genauso.

8 mm ist im Industriebereich ein weit verbreitetes Riemenmaß, und es gibt auch den einen oder anderen Anbieter, der passende Riemenräder im Fahrradbereich verkauft, nicht zuletzt Bernds, aber auch diverse Firmen aus Asien. Ich wüsste zu gerne, ob man sich einfach aus dem Regal bedienen kann, oder ob es dabei Probleme gäbe. Veer sagt, ihr System sei nicht kompatibel, aber die wollen sich natürlich nicht die Butter vom Brot klauen lassen. Die Ironie der Geschichte liegt darin, dass die Riemen von niemand Anderem stammen als von – Gates!
veer-belt-drive-bicycle-chain-works-on-any-frame-07.jpg
Die vorderen Riemenräder sind besonders interessant: Sie bestehen aus zwei Hälften, bei denen abwechselnd ein Zahn fehlt. Das heißt, jeder Zahn des Riemens wird nur von einer Hälfte des Riemenrads gezogen. Damit sollen Schmutz, Schlamm und Schnee leichter abfallen. Die Zugstränge bestehen wie bei Gates und neuerdings bei Continental aus Carbonfasern, aber das Außenmaterial ist nicht Polyurethan, sondern Nitril.

Im Moment ist erst eine Version erhältlich, der Split Belt M1. Der passt nur für Single-Speeds, und auch nur mit einer Übersetzung von 66 zu 24 Zähnen entsprechend 42 zu 15 Zähnen bei Kette = 2,75 : 1. Zudem braucht man eine Fünf-Stern-Tretkurbel mit 130 mm Lochkreisdurchmesser. Der Zielmarkt dürfte damit überschaubar sein. Immerhin könnte man Tretlagergetriebe wie Pinion, Schlumpf oder Kappstein verwenden. Veer bietet dafür einen anderen Vorteil: Wenn die Riemen bereits aufgeschnitten werden, dann kann man sie auch problemlos kürzen. Das heißt, die Riemen werden auf Maß gefertigt. Es werden 26 verschiedene Längen für Chainstays von 35 bis 60 cm angeboten, andere Maße auf Anfrage. Das Gesamtset besteht aus vorderem Riemenrad (blau oder schwarz), hinterem Riemenritzel (grau), Riemen (leider nur schwarz-blau) in Wunschlänge und Riemenspanner. Der Preis ohne Versandkosten beträgt $349, und verschickt wird weltweit.
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Der Riemen allein kostet $68. Dazu braucht man das Tool zum Nieten, das gerade für $29 statt $35 angeboten wird.
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Den Riemenspanner braucht man weniger für die Spannung als offenbar vielmehr für die Seitenführung, damit der Riemen nicht vom Riemenrad läuft. Dieses Problem hatte Gates ja auch mit dem CDC-System, bevor man bei CDX und CDN auf die Lösung mit der Mittelrille kam. Und genauso wird es auch von Veer ab diesen Herbst ein neues System namens Split Belt Pro geben. Damit soll der Riemen auch ohne Spanner nicht schieflaufen können. Für Fahrräder mit senkrechten Ausfallenden wird es einen optionalen Riemenspanner geben und für MTB-Fullys sogar einen mit zwei Rollen. Voraussetzung in beiden Fällen ist ein Schaltwerkauge.

Vor allem aber wird es dann eine größere Auswahl an Riemenrädern und –ritzeln geben, und letztere für alle gängigen Nabenschaltungen, also Shimano Alfine und Nexus, NuVinci (Enviolo), Sturmey Archer und Rohloff. Auch Bosch-Elektroantriebe sollen bedacht werden. Zudem sollen neue vordere Riemenräder auch für weitere Kurbelsterne angeboten werden. Damit steigt auch der Preis: Hier werden ohne Versand und Einfuhrabgaben $399 fällig. Das ist mehr als ein vergleichbares Gates-System, aber dafür muss man seinen Rahmen nicht ansägen.

Die Großen der Branche werden jetzt vermutlich mit Hochdruck versuchen, ihrerseits teilbare Riemensystem zu entwickeln. Die damit erreichbare Zielgruppe dürfte wesentlich größer sein als die wenigen Rahmensäger und obenliegende-Kettenstreben-Radler. Dann dürften auch die Preise ins Rutschen kommen. Ich finde das System genial. Was sagt ihr?
Dateianhänge
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Raffineur
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Re: Veer: Riemenantrieb mit teilbarem Riemen!

Beitrag von Raffineur »

Auf meine vorgestrige Nachfrage hin heute bereits die Antwort: Es wird nicht empfohlen, einen einmal geschlossenen Riemen wieder zu öffnen, weil er dabei beschädigt werden könnte. Das leuchtet ein, weil die gespeizten Enden der Stifte ja durchgezogen werden müssen. Andererseits: Wenn alles passt, warum sollte man den Riemen wieder abnehmen wollen? Zumal er bekanntlich viel länger hält als die meisten (schlecht gepflegten) Ketten.
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Re: Veer: Riemenantrieb mit teilbarem Riemen!

Beitrag von Motte »

Ich hatte neulich in der aktuellen „Aktiv Radfahren“ darüber gelesen. Und bin mal gespannt ob es sich am Markt einen nennenswerten Anteil erobern kann. Dem Hersteller wäre es zu wünschen.

Bin mir da aber nicht sicher. Ein Alleinstellungsmerkmal hat es ja nur bei der Nachrüstung herkömmlicher Rahmen. Da sehe ich keinen großen Bedarf – das dürfte sich auf wenige engagierte Bastler beschränken.
Dann steht es in Konkurrenz zur teilbaren Sattelstrebe und fertig konfektionierten Riemen.

Es scheint ja so zu sein, dass man selbst auch nicht beliebig kürzen kann (so wie bei einer herkömmlichen Kette) – dann ist das ganz sicher nix für unterwegs. Aber das ist auch nichts Ungewöhnliches – mit allen Riemensystemen ist man bei einer Panne unterwegs erst mal grundsätzlich schlechter dran als mit einer Kette, die man in jedem besseren Fahrradladen kaufen und passen kürzen lassen kann (oder es selbst macht). Auf der anderen Seite hab ich seit ewigen Zeiten keine gerissene Kette mehr gehabt – bei vernünftig konstruiertem (verwindungssteifem) Rad dürfte auch das auch für den Riemen gelten – wobei der eh länger laufen kann.

Ist eine spannende Zeit – in der sich ein Standard erst mal etablieren muss. Auf der anderen Seite werden auch die Ketten immer besser. Und es gibt bei den E-Bikes zunehmend pfiffige (und vor allem funktionierende) Abdeckungen der Kette.
Daher verstehe ich überhaupt nicht, warum sich ein Riese wie SRAM aus der Produktion von Getriebenaben verabschiedet hat. Zahnriemen brauchen Nabenschaltungen.
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Re: Veer: Riemenantrieb mit teilbarem Riemen!

Beitrag von Raffineur »

Ein Alleinstellungsmerkmal hat es ja nur bei der Nachrüstung herkömmlicher Rahmen. Da sehe ich keinen großen Bedarf – das dürfte sich auf wenige engagierte Bastler beschränken.
Dann steht es in Konkurrenz zur teilbaren Sattelstrebe und fertig konfektionierten Riemen.
Was heißt hier "NUR bei der Nachrüstung herkömmlicher Rahmen"? Ich sehe das so: Angenommen, 10% aller Räder haben obenliegende Kettenstreben, oder ihre Besitzer sind bereit, die Rahmen aufzusägen. Nehmen wir weiter an, 10% aller Räder seien Fixies, Singlespeeds oder Nabenschalter. Wenn die beiden nicht miteinander korreliert sind, kommen 10% von 10% = 1% aller Fahrräder für geschlossene Riemen von Gates & Co. in Frage. Eher weniger, weil es nicht für jede Kombination aus Chainstay, Riemenrad und Riemenritzel die richtige Riemenlänge gibt. Bei Veer fallen die erste und die dritte Notwendigkeit weg, d.h. alle Räder ohne Kettenschaltung können auf Riemen umgerüstet werden. Das wären in diesem Beispiel 10%. Also mehr als zehnmal soviele :o

Ich bin ja in meinem Leben schon lange und viele Touren gefahren und hatte noch nie eine gerissene Kette. Fahrradläden haben meistens dann geschlossen, wenn man sie braucht, und ich würde auch keinen Kettennietendrücker mitnehmen wollen. Vor einem gerissenen Riemen fürchte ich mich schon mal gleich gar nicht. Einen Ersatzriemen für das GoBike habe ich natürlich trotzdem, aber noch nie mitgenommen. Und selbst wenn: Wiegt ja wesentlich weniger als eine Kette ;) Das letzte Mal, als ich liegengeblieben bin, war mit einem Plattfuß, und der Flicken wollte und wollte nicht kleben. Ergebnis: 7 km bis zur nächsten Bushaltestelle geschoben. (Und selbst das kann mir mit meinen unplattbaren Tannus-Reifen nicht mehr passieren 8-)) Ich bin zum Glück meistens in zivilisierten Gegenden unterwegs, wo der öffentliche Verkehr nicht allzuweit entfernt ist. Und der ist mit Falträdern ja kein großes Problem :D
dass man selbst auch nicht beliebig kürzen kann
Warum willst du einen auf Maß gefertigten Riemen kürzen wollen? Ich sehe es als (weiteren) Vorteil des Veer-Systems gegenüber der Kette, dass man ihn nicht kürzen braucht, weil man die richtige Länge gleich bestellen kann.
bei vernünftig konstruiertem (verwindungssteifem) Rad dürfte auch das auch für den Riemen gelten
Rahmensteifigkeit dürfte nur beim alten Gates-CDC-System ein Problem sein. Mein Hinterbau ist bekanntlich alles andere als verwindungssteif, und ich hatte bisher ohne Riemenspannung auf inzwischen sicher 1.000 km noch kein Problem. Nur einmal – und zwar auf gerader ebener Strecke - bemerke ich beim Hinabschauen, dass der Riemen vorne plötzlich nur noch auf der äußeren Hälfte des Riemenrads läuft. Mein Fuß kann es also nicht gewesen sein, sonst wäre er auf der inneren Hälfte gelaufen. Hätte ich nicht geschaut, hätte ich gar nichts gemerkt. So habe ich kurz angehalten, den Hinterbau gelöst, das Rad etwas angehoben und den Riemen ohne Kraftanwendung wieder richtig eingesetzt.
Auf der anderen Seite werden auch die Ketten immer besser.
Worauf stützt du diese Aussage? Seit es die Rohloff S-L-T-99, die ich am Dahon fahre, nicht mehr gibt, gehe ich eher vom Gegenteil aus. Und selbst die hat ihr Gewicht, will regelmäßig gereinigt und geschmiert werden und kann die Hosenbeine und Finger beschmutzen :( Wenn sich der Riemenantrieb weiter verbreiten wird, was zu erwarten ist, dürfte auch das Angebot an Naben- und Tretlagerschaltungen wachsen. Mein Favorit wäre eine vereinfachte Rohloff mit weniger Gängen, ohne Vorlegegetriebe und dafür größeren Gangsprüngen.
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Re: Veer: Riemenantrieb mit teilbarem Riemen!

Beitrag von Motte »

Zunächst einmal freue ich mich über jede neue Entwicklung, die etwas voran treibt und dem Kunden ernsthafte Alternativen bietet. Das geht bei mir aber nicht so weit, dass ich mich weigere über Vor- und Nachteile nachzudenken - bzw. Abwehrreaktionen (oder Gegenmaßnahmen) der traditionellen Hersteller.

Ich glaube nun nicht, dass viele Menschen jetzt auf einmal für teueres Geld ihr Rad auf Zahnriemen umrüsten möchten. Das werden einige "besserverdienende Freaks" sein. (Zu denen ich mich auch zähle - wenn auch nicht zu den Zahnriemenfreaks) Wenn ich mich irre - um so besser für den teilbaren Zahnriemen.

Ich will überhaupt keinen Riemen kürzen - aber wenn mir einer überraschend kaputt geht, dann müsste ich in kurzer Zeit einen Ersatz besorgen können. Wenn der dann ab Werk erst gefertigt werden muss geht das auf jeden Fall nicht schnell und ist "auf Reisen" eher nervig. Da reicht schon die Angst vor einem Defekt (und seinen Folgen) um Menschen davon abzuhalten (Deutsche eh - die sichern sich ja lieber dreifach ab).
So lange sich bei den Zahnriemen kein Standard durchsetzt wird ein Händler vor Ort wohl nur jene vorrätig haben die an von ihm verkaufte Räder passen (wenn überhaupt). Bei Ketten ist das im Moment noch anders. Wenn Du aber eine Kette für 6 oder 7 Gangschaltung brauchst, guckst auch heute schon häufig in die Röhre.

Auch heute schon werden die Ketten fleißig weiter entwickelt. Schmale 11 oder 12 Gang Ketten unterliegen keinem höheren Verschleiß als 9 Gang. Rund um den Lagerkragen moderner Schaltketten wird fleißig geforscht und die Kette verschwindet auch wieder häufiger komplett in Rahmenrohren. Ist aber immer so, dass bestehende (und technisch bewährte) Systeme noch mal einen Innovationsschub erfahren, wenn ernsthafte Konkurrenz auftaucht.

Wenn ich mir ein neues Rad kaufe und es eine Nabenschaltung haben soll, würde ich jenes Antriebsystem, das gerade dran ist, erst einmal nutzen. Beim Zahnriemen wäre mir wichtig, dass der Betrieb und der mögliche Austausch unkompliziert verläuft und das Teil lange hält. Welches System das dann erfüllt, wäre mir ehrlich gesagt, völlig egal.
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