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Hallo aus dem Autoland Schwabenland

Verfasst: Mi Nov 15, 2017 3:28 pm
von Tüddel
Ein herzliches „Hallo“ aus dem Autoland Schwabenland!
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Ich bin neu hier im Forum und möchte mich gern Vorstellen. Ich, IT-Consultant, 47 Jahre Jung, recht drahtig und sportlich, 2-facher Familienvater und Fahrrad-Liebhaber durch und durch, bin seit kurzem in den elitären Club der Faltradfahrer eingetreten.

Fast 30 jahrelang war das Mountainbike mein treuer Weggefährte, das mir bis vor kurzem noch das Leben versüßte. Über verschiedene Fügungen bin ich zum Liegerad und dann zum Faltrad gekommen. Zur Vorstrellung möchte ich Euch meine kleine „Radelhistorie“ erzählen. Doch der Reihe nach:

Ich bin schon immer gern Fahrrad gefahren. Schon als junger Teenager (ab 12 oder 13) setzte ich mich am Samstagnachmittag, wenn ich Langeweile hatte, auf mein Kettler "Daxi" Alu-Rad und erkundete die schöne Gegend rund um meine Heimatstadt (Neustadt in Holstein). Das hielt an, bis ich einen Führerschein hatte, und dann natürlich erst mal lieber mit Mutti's Auto durch die Gegend und abends in die Disco fuhr. Doch dann, der Reiz des neuen war vorbei, und ich lebte mittlerweile in Hamburg, gewann das Fahrrad wieder mehr an Bedeutung und ich erkundete wieder die Stadt per Velo, pendelte damit zur Arbeit und nutzte es auch sonst für tägliche Fahrten.

Auf einer einjährigen Weltreise entdeckte ich in Neuseeland erstmalig das Mountainbike, mit dem ich rund 4 Monate dort tourte. Die nächsten 25 Jahre war das Mountainbike mein Verkehrsmittel und Sportgerät zugleich. Touren durch Italien, Spanien und Frankreich folgten und mehrere Mountainbike-Urlaube in den Alpen wie dem Garda-See ebenfalls.

Vor sieben Jahren kamen dann die Kinder und das Häuslebauen, und das Mountainbike verstaubte aus Zeitmangel im Keller, was mich sehr, sehr schmerzte, denn ich vermisste es sehr: die tollen Erlebnisse, die sportlichen Challenges, den Thrill während der Downhills.

Die Kinder sind nun aus dem gröbsten raus, das Haus ist fertig und es bleibt wieder Zeit zum Radfahren. Doch die Fitness war nach quasi 5 Jahren "Abstinenz" dahin, das Gerät war mir Fremd geworden und ich hatte das Gefühl, es auch nicht mehr so sicher zu beherrschen wie zu den Zeiten, als ich sehr viel fuhr. Zudem wohne ich mittlerweile in Ludwigsburg, einer dicht besiedelten Gegend, zwar mit einigen Erhebungen, aber wenig „wilden“ Wegen, die es für den Spaß am MTB-fahren braucht. Um gute MTB-Bedingungen vorzufinden, muss man schon einen gewissen Aufwand treiben und mit dem Auto irgendwo hin fahren - mit dem MTB im Kofferraum oder auf dem Dach. Das kostet einen ganzen Tag und so viel Zeit habe ich dann doch noch nicht. Außer dem zog ich mir letztes Jahr bei einem Sturz eine Armfraktur zu, die mich dann veranlassten, das Kapitel "Mountainbike" vorerst zu schließen.

Vor einen Jahr sah ich zufällig einen kurzen Video-Beitrag auf SPON über Liege-Trikes Ich war sofort Feuer und Flamme, las alles, was es dazu im Internet zu lesen gab und recherchierte nach Händlern. Und siehe da: In Bietigheim-Bissingen, quasi 45 Fahrrad-Minuten von meiner Haustür entfernt, gab es einen "Spezialrad"-Händler, der, gemessen an seiner Größe, viele verschiedene Trikes zur Probefahrt bereithielt. Ich fuhr einige zur Probe und entschied mich für ein Scorpion FS 26 von HP-Velotechnik.

Nach schier undendlich langer Wartezeit, stand dieses wunderschöne "Scorpion" nun in meiner Garage und ich erlebte eine völlig neue Dimension des Radfahrens: tiefe Sitzposition, sanft mit 25 - 30 dahinzugleiten, dafür aber gleichzeitig auf Bergabfahrten wie mit einem hochpotenten Sportwagen um die Kurven zu fegen - ein fantastisches Fahrerlebenis - und das mit einem Fahrrad!

So ziemlich gleichzeitig zum Zeitpunkt der Auslieferung meines Trikes entdeckte ich auch das "Velomobilforum", das ich bislang ignorierte bei meinen Recherchen. Die Gründe kann ich mir heute nicht mehr erklären. Aus heutiger Sicht muss ich sagen: "Zum Glück!". Denn als absoluter Novize im Liegerad-Geschäft, hätten mich die Vielzahl von kompetenten aber unterschiedlichen Empfehlungen und Meinungen eher verwirrt, als daß sie mir geholfen hätten.

Zunächst las und schrieb ich ausschließlich in der "Trikes / Quads"-Rubrik, stöberte dann aber immer mal wieder in der Rubrik der Liegeräder. Hier wurde ich auf die sportlichen Möglichkeiten und auf das unglaubliche Geschwindigkeitspotential von Einspurern (zweirädrige Liegeräder) aufmerksam. Da ich immer gefallen am "schnell Radfahren" hatte, mich aber nie mit Rennrädern anfreunden konnte, war ich fasziniert und verschaffte mir fieberhaft einen Überblick am Markt erhältlicher sportlicher Lieger, denn ich wollte meinen Fuhrpark um einen sportlichen Einspurer (ein zweirädriges Liegerad) ergänzen.

Ich recherchierte im „Velomobilforum“ nach passenden Rädern und zog eine „Bacchetta Giro 26“ in meine engere Auswahl. Dabei erinnerte ich mich, daß mein Trike-Händler ein Vorführrad im Laden stehen hatte, das er verkaufen wollte. Ich fuhr die Bacchetta eine Woche lang Probe, und ich war begeistert! Mit relativ wenig Krauftaufwand war es nun möglich über längere Distanzen Geschwindigkeiten von 30 - 35 km/h zu halten. Obwohl ich noch keine voll trainierten "Liegerad-Muskeln" hatte, trotzdem aber recht fit war, zeigte ich häufiger den Rennradfahrern mein Rücklicht - WIE GEIL WAR DAS DENN???!!! Also kaufte ich die Bacchetta.

Seit dem fahre ich 2 - 3 mal in der Woche Liegerrad-Runden, teils sportlich, mit starrem Blick auf den Bike-Computer, teils aber auch Touren mit viel Berganteil und den Focus auf das Natur- und Fahrerlebnis.

Nach und nach stellte ich fest, daß der Unterhalt eines 2. Autos im Haushalt immer sinnloser wurde, da ich die Erkenntnis gewann, meine persönlichen Mobilitätsanforderungen mit der Kombination aus Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln, decken zu können.

Wie bereits oben erwähnt, lebe ich in Ludwigsburg. Ludwigsburg liegt im Speckgürtel von Stuttgart. Jeder weiß, daß Stuttgart den Ruf der „Autostadt Deutschlands“ hat. Das Auto hat Wohlstand über die Menschen in die Heimat von DAIMLER, PORSCHE und BOSCH gebracht, aber ebenso auch viele (Verkehrs-) Probleme, die ja in der Tagespresse ausreichend besprochen werden. Stuttgart und Umgebung hält nun als „Blueprint“ für eine überholte Verkehrs- und Infrastruktur-Politik her: Verstopfte Straßen nicht nur im Innenstadtbereich, sondern auch in der Peripherie, ein marodes S- und U-Bahnnetz, mit einer Taktung, nahe an den Überland-Busfahrplänen von Dorfgemeinden, Luftverschmutzung, Unterordnung von Lebensraum dem Autoverkehr und eine Radwegeinfrastruktur, die noch lange auf ihre Blütezeit wartet. Jeder weiß: „Es muss sich etwas ändern!!“. Wenn es allerdings darum geht, beim Bäcker ein Brot zu kaufen und statt 2 Tonnen spritsaufenden Stahl, vielleicht 10 – 12 kg Aluminium mit Muskelkraft zu bewegen, wird bei den meisten Schwaben (und Deutschen) der Ruf nach der Mobilitätswende schon leiser. Insgeheim wissen aber alle, daß sich ohne "Kill your Darlings" keine Mobilitätswende einstellen wird.

Zurück zu meiner persönlichen Mobilitätswende: Ich verkaufte also meinen Peugeot 308 und war froh um den Klotz, den ich mich entledigen konnte. Keine Parkplatzprobleme, keine teuren Reparaturen, kein Stau etc. Fortan nutze ich für meine persönlichen Wege fast ausschließlich das Fahrrad (Liegerad oder Aufrechtrad – je nach Zweck und Ziel der Fahrt) und „die Öffentlichen“. Und siehe da: Es funktioniert! Ich habe so gut wie keine Einschränkungen in der Mobilität – außer vielleicht ab und an mal einem Regenschauer auf dem Velo ausgesetzt zu sein – so what?

Mittlerweile freue mich über jede Besorgungsfahrt, die ich mit dem Rad – egal ob Liegerad oder Aufrechtrad - erledigen kann. Unsere biedere Familienkutsche (grauer Kombi) nutze ich lediglich einmal die Woche um die Kinder irgendwo hinzubringen oder abzuholen. Auch diese Fahrten könnte ich zum größten Teil mit dem Rad erledigen, was aber dann ein vielfaches an Aufwand und Zeitkonsum bedeuten würde – ganz ohne geht es dann halt doch nicht, und ein Lastenrad steht beim heimischen Finanzministerium leider nicht auf der Agenda.

Bis vor Kurzem war ich noch mit 5 Rädern ausgestattet. Ich besitze 2 alte Mountainbikes, 1 Liegedreirad und 2 sportlich-schnelle Liege-Einspurer, die ich teilweise aus Ersparten, zum größten Teil aber aus dem Erlös aus dem Autoverkauf finanziert habe. Mein High-Tech-Fully-Mountainbike verkaufte ich Anfang des Jahres.

Ich liebe meine Liegeräder, egal, mit welchem ich unterwegs bin. Mit jedem einzelnen berausche ich mich am Fahrtwind, an der selbsterzeugten Geschwindigkeit und an dem leise ratternden Kenttengeräusch, ein herrliches Gefühl! Jetzt, wo ich diese Welt kennengelernt habe und gebannt in sie eingetaucht bin, verstehe ich gar nicht, warum das Liegerad so ein trauriges Nischendasein führt – liegen doch die Vorteile so offenkundig auf der Hand, hat man erst einmal den Mut gefasst, eines zu fahren. Nun ja, vielleicht erschließt sich mir ja noch diese Frage.

Ist man dem Radsport so verhaftet wie ich, insbesondere auch im Alltagsbetrieb, stößt man mit Liegerad und Aufrechtrad dennoch irgendwann an kleine Grenzen. Mit Liegerad und Aufrechtrad ist die Kombinierbarkeit des Fahrrades mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht uneingeschränkt möglich. Weiterhin fehlte mir ein schönes Fahrrad, das ich auch mal auf eine Flugreise mitnehmen kann. Das Velo muss häufig den Reisetaschen und dem Kinderspielzeug weichen, weil kein Platz im Kofferraum oder keine Ladekapazität mehr im Auto vorhanden ist.

Doch dann eines Tages entdeckte ich bei einer kleinen Surfstunde auf Youtube einen kurzen Bericht über moderne Falträder. Sofort war ich begeistert über den coolen Look dieser neuen Fahrrad-Generation. Hinzu kam die technische Ausstattung, die an Falträdern heutzutage verfügbar ist: Hochwertige 11-Gang Kettenschaltungen mit einem Kettenblatt vorn, Rohloff-Naben, Hydraulische Scheibenbremsen, Leichtlaufräder etc. Beeindruckend war ebenfalls bei einer Probefahrt später buchstäblich zu „erfahren“, wie nahe das Fahrverhalten dieser kleinen Flitzer an jenem der „Großen“ dran ist. Das machte mich neugierig. „Ein faltbares sportliches Rad, das noch dazu cool ausschaut. Das fehlt mir noch!“.
Über ein Mobilitätsprogramm meines Arbeitgebers, das den sperrigen Namen „Gehaltsumwandlungsmodell Fahrrad“ trägt erkundigte ich mich nach Angeboten und lernte, daß in diesem Gehaltumwandlungsmodell auch Falträder zur Auswahl standen.

Und so machte ich Bekanntschaft mit einem Tern Verge P10, das nun seit einer Woche als Nr 6 bei mir im Keller kauert und nach Auslauf winselt. Leider ließ das schlechte Wetter bislang nur 2 Ausfahrten zu, aber die haben schon gereicht, um mit diesem tollen Bike eine tiefe Freundschaft zu schließen. Ich bin begeistert von dem Geschwindigkeitspotential des „P10“, und obendrein sieht es nach meinem Geschmack auch noch extrem schnittig aus. Denn nicht nur die Fahreigenschaften sind mir wichtig. Wenn ich mich meinem Fahrrad nähere, muss es mir einfach gefallen, und das ist beim „P10“ definitiv gegeben. Schon bei meiner ersten Ausfahrt kam ich mit einem netten Herrn, der wie ich leidenschaftlich gern Rad fährt, ins Gespräch über das Tern („Aaaah, ein Faltrennrad….“). Es gefällt mir sehr, mit anderen Leuten ins Gespräch zu kommen und über Fahrräder zu fachsimpeln. Wie sich das Tern P10 im Langzeiteinsatz schlägt, werde ich Euch wissen lassen.

Das Liegerad wird noch lange meine Top-Leidenschaft bleiben. Touren mit meinen Racern oder meinem dreirädrigen Pedal-Cruiser sind immer ein Hochgenuss. Dennoch freue ich mich auf viele tolle Stunden mit meinem neuen faltbaren Compagnon – überall in Deutschland, in Europa oder vielleicht bald mal auf einem anderen Kontinent.

Es grüßt Euch aus dem Schwabenland:

Tüddel

Re: Hallo aus dem Autoland Schwabenland

Verfasst: Mi Nov 15, 2017 5:29 pm
von spargelix
Ich sach nur:

Herzlich willkommen bei den Faltern!

Gruß vom spargelix

Re: Hallo aus dem Autoland Schwabenland

Verfasst: Mi Nov 15, 2017 7:27 pm
von Zauberfaltrad
Hallo Tüddel, herzlich Willkommen im Forum und weiterhin gute Fahrt.

Eine sehr schöne Vorstellung. Deine Entscheidung für ein Faltrad und gegen ein Auto kann ich deshalb gut nachvollziehen, da es mir ähnlich ergangen ist. Ich habe das Auto letzten Freitag verkauft und nicht bereut, da ich scheinbar ebenfalls ein Radfahrer durch und durch bin. :-)

Meine Geschichte wäre vermutlich deutlich kürzer. Zwar auch schon gerne in der Kindheit gefahren, waren danach viele Jahre Sport- bzw Fahrradlos. Erst 2012 kaufte ich ein MTB, dies reichte nicht aus, also folgte 2014 ein Crossbike (mit normalem Lenker) und nun seit etwa eine Woche ein Tern Link N8. Es macht so viel Freude! :mrgreen:
Neben der obigen Entscheidung, weiterhin ohne Auto mobil zu sein (verwendete es die letzten Jahre immer seltener) und für ein Faltrad, beflügelt mich ins Glück, denn ich empfinde Freiheit, Flexibilität und Unabhängigkeit zugleich.

Ein Liegerad wird vielleicht irgendwann ein weiteres Fahrrad, jedoch versuche ich mich jetzt schon etwas zurück zu halten. ;)

Ich wünsche Dir weiterhin gute und sichere Radfahrt.
Viele Grüße aus der Nähe von Hannover,
Zauberfaltrad

Re: Hallo aus dem Autoland Schwabenland

Verfasst: Do Nov 16, 2017 2:12 am
von Rose
Herzlichen willkommen auch von mir.
Mein erstes Radmobil war, nachdem ich das Licht der Welt erblickte, der gute alte Stubenwagen. Mit dem ließ ich mich durch die Gegend fahren. Danach folgte irgendwann das erste Fahrrad mit Stützrädern, mit dem ich gleich unter einem Traktor landete. Hatte aber nochmal Glück. Das Fahrrad hatte weniger Glück. Doch ich bekam ein neues, später ein größeres. Noch später als junger Erwachsener siegte bei mir die Bequemlichkeit, und ich schaffte mir ein Auto an. Ich habe vor fast zwei Jahrzehnten das Auto aufgegeben (damals aus ökologischen Gründen) und bin seither per Fahrräder, Roller, Beine und mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Per Fahrrad , ob MTB oder Faltrad, durch die Landschaft zu fahren , vermittelt ein unglaubliches Gefühl von Freiheit. Ich wünsche Dir und den anderen hier weiterhin viel Freude mit Euren Rädern! So wie ich sie mit meinen habe.

Re: Hallo aus dem Autoland Schwabenland

Verfasst: Do Nov 16, 2017 5:16 am
von Tüddel
Hallo Rose und Zauberfaltrad,
das wünsche ich Euch auch.
Viele Grüße: Tüddel